B. ERSTATTUNG DER REISEKOSTEN Erstattung anwaltlicher Reisekosten in der Verwaltungsgerichtsbarkeit 1. Ist die Beauftragung eines außerhalb des Gerichtsbezirks ansässigen Rechtsanwalts nicht notwendig, sind zumindest diejenigen Reisekosten erstattungsfähig, die bei einer (fiktiven) Anreise des Prozessbevollmächtigten von dem am weitesten vom Gerichtssitz entfernten Ort des Gerichtsbezirks entstanden wären. 2. Dabei bildet die Höhe der tatsächlich entstandenen Reisekosten des auswärtigen Prozessbevollmächtigten die Grenze der Erstattungsfähigkeit. VG Magdeburg, Urt. v. 27.1.2017 – 3 E 299/16 74 Dabei wird zum Teil gar nicht auf den am weitesten entfernten Ort abgestellt, also auf den letzten Winkel, 75 sondern auf einen Ort, an dem ein Anwalt ansässig ist. 1. Ein nicht im Gerichtsbezirk niedergelassener Rechtsanwalt hat Anspruch auf die (fiktiven) Fahrtkosten für die Strecke vom Gerichtsstandort bis zum am weitesten vom Gerichtsstandort entfernten Ort innerhalb des Gerichtsbezirks (Anschluss an BGH, Beschl. v. 9.6.2018 – I ZB 62/17-juris). 2. Als am weitesten entfernte Orte sind solche anzusehen, bei denen typischerweise davon auszugehen ist, dass sich dort niedergelassene Rechtsanwälte befinden. Dies ist bei Unterzentren anzunehmen. 3. Bei der Streckenbemessung ist die Ortsmitte bzw. das Ortszentrum des am weitesten entfernten Ortes abzustellen. Gängige Routenplanerprogramme sind erfahrungsgemäß geeignet, realitätsnahe Ergebnisse zu liefern. VG Halle (Saale), Teilurteil v. 6.5.2020 – 3 E 190/20 76 2. Kostenfestsetzung a) Festsetzungsverfahren In der Verwaltungsgerichtsbarkeit setzt der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle die zu erstattenden Kosten fest (§ 164 VwGO). b) Erinnerung Gegen die Entscheidung des Urkundsbeamten ist unabhängig vom Wert immer die Erinnerung gegeben, die auch als Antrag auf Entscheidung des Gerichts bezeichnet wird (§§ 165, 151 VwGO). Über die Erinnerung entscheidet der Richter, sofern ihr der Urkundsbeamte nicht abhilft. Gegen die Entscheidung des Richters über die Erinnerung ist die Beschwerde nach § 146 VwGO gegeben, sofern der Wert des Beschwerdegegenstands den Betrag von 200,00 € übersteigt (§ 146 74 AGS 2017, 306. 75 So OLG Brandenburg NZFam 2016, 566. 76 AGS 2020, 345 = NJW-Spezial 2020. Norbert Schneider (Hrsg.) | Gerichtsbezirke 2021 40
B. ERSTATTUNG DER REISEKOSTEN Abs. 3 VwGO). Der Richter kann der Beschwerde abhelfen. Anderenfalls legt er die Sache dem OVG/ VGH vor, das abschließend entscheidet. In allen anderen Fällen kann die Entscheidung über die Erinnerung nicht angefochten werden, also bei erstinstanzlicher Festsetzung durch das OVG/den VGH oder das BVerwG. Eine Rechtsbeschwerde oder weitere Beschwerde kennt die VwGO nicht. VIII. Sozialgerichtliche Verfahren 1. Kostenerstattung Den Umfang der Kostenerstattung regelt § 193 SGG. § 193 [Kostenerstattung] (1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluss, wenn das Verfahren anders beendet wird. (2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten. (3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig. (4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen. Danach ist die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts stets erstattungsfähig (§ 193 Abs. 3 SGG). Auch hier wird ausweislich des Gesetzeswortlauts nicht danach unterschieden, ob der Anwalt am Gerichtsort ansässig ist, im Gerichtsbezirk niedergelassen ist oder außerhalb wohnt und niedergelassen ist. Daher muss hier die gleiche Betrachtungsweise angestellt werden wie bei verwaltungsrechtlichen Verfahren. Die Praxis verfährt hier jedoch meistens anders. 77 Folgt man dieser Auffassung, ist auf die entsprechende Rechtsprechung zu den Zivilsachen abzustellen. 2. Kostenfestsetzung a) Festsetzungsantrag In der Sozialgerichtsbarkeit setzt ebenfalls der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle die zu erstattenden Kosten fest (§ 197 SGG). b) Erinnerung Gegen die Entscheidung des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle ist ausschließlich die Erinnerung (Anrufung des Gerichts) gegeben. Die Erinnerungsfrist beträgt einen Monat. Der Urkundsbeamte kann abhelfen. Anderenfalls entscheidet der Vorsitzende endgültig (§ 197 Abs. 2 SGG). 77 SG Schwerin, Beschl. v. 17.4.2015 – S 23 SF 42/12 E. Norbert Schneider (Hrsg.) | Gerichtsbezirke 2021 41
ARBEITSGERICHTE 4. Arbeitsgerichte
ARBEITSGERICHTE Entferntester Ort A
ARBEITSGERICHTE Entferntester Ort A
VERWALTUNGSGERICHTE 6. Verwaltungsg
OBERVERWALTUNGSGERICHTE/VERWALTUNGS
SOZIALGERICHTE Entferntester Ort So
FINANZGERICHTE 10. Finanzgerichte E
Laden...
Laden...
Laden...